Bereits im Jahr 2015, vor der letzten Kommunalwahl, hatten sich die Freien Wähler Brachttal im Detail mit den Themen Demografie und Tourismus befasst. Damals, wie nun erneut in der vergangen Woche, wurde im Rahmen einer Klausurtagung nach dem Schlüssel für Verbesserungen und Entwicklungsmöglichkeiten in der Gemeinde gesucht.
Der Trend zu Wegzug und Überalterung konnte in den letzten Jahren gegenüber den Voraussagen leicht verringert werden. Glücklicherweise trafen die verheerenden Voraussagen bisher nicht in vollem Umfang ein, wie der jüngste Bericht zur Bevölkerungsentwicklung im Gebiet von Spessart-Regional, wozu auch die Gemeinde Brachttal gehört, ursprünglich aufzeigte. Ein Minus von 1,3% erscheint noch verkraftbar, zeigt aber die Probleme deutlich auf.
Die Bevölkerung in Brachttal soll selbst nach moderaten Berechnungen bis zum Jahr 2035 von derzeit 5.222 Einwohnern auf 4.932 Einwohnern schrumpfen. Während der Main-Kinzig-Kreis in den letzten Jahren andauernd weiter wächst, kommt im Ostkreis davon wenig an.
Bedeutsam im negativen Sinne, wäre für Brachttal die weitere Reduzierung der Schlüsselzuweisungen sowie der Rückgang der Einnahmen aus Grund- und Einkommensteuer. Die Zahlungen vom Main-Kinzig-Kreis fallen also mit einem Bevölkerungsrückgang geringer aus. Die Lücke müsste mit Erhöhungen der Gewerbe- und Grundsteuer geschlossen werden. Das sind die einzigen kommunalen Stellschrauben für die Bürgervertretung vor Ort.
Was kann von der Kommunalpolitik dagegen getan werden?
FWB versuchen hier die Antworten zu geben! Wohnungs- und Gewerbebau bringen Arbeit und Wachstum für Mittelstand und Handwerk. Das hat auch für Brachttal und Umgebung seine Gültigkeit. Neben einer überdurchschnittlichen Familienfreundlichkeit liegt der Schlüssel also im Bausektor. Häuser und Baugrundstücke sind im Brachttaler-Raum durchaus „erschwinglich“. Leider fehlt es jedoch sowohl an bebaubaren Grundstücken, wie auch an einem adäquaten Marketing der Kommune.
Eine riesige Chance für die Politik vor Ort!
Die IHK in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main hat Wächtersbach in diesem Jahr das Zertifikat „Ausgezeichneter Wohnort“ verliehen. In der Rhein-Main-Region fehlen momentan über 150.000 Fachkräfte und tausende Wohnungen. Bezahlbarer Wohnraum ist fast nur noch weit außerhalb dieser Region zu finden. Hier ist also auch eine Chance für Brachttal zu suchen. Zumal Brachttal diese Auszeichnung im Jahr 2014 ebenfalls bereits erhielt. Leider wurde daraus bisher zu wenig Kapital geschlagen.
Frankfurt von Zuzug und Überteuerung geprägt.
Die Stadt Frankfurt rechnet mit einem Bevölkerungswachstum von 90.000 Menschen innerhalb der nächsten sechs Jahre. Seit Jahren ziehen jährlich 15.000 Einwohner neu in die Stadt. Durch Flüchtlingskrise, Brexit, Flughafenausbau und allgemeines Wirtschaftswachstum wird die Entwicklung auch im Umland weiter befeuert und Wohnraum knapp und teuer. Schulen und Kindergärten sind überfüllt. Normalverdiener mit Familie können sich Frankfurt und Umgebung nicht mehr leisten.
Dorfentwicklungsprogramm für Brachttal!
Die FWB-Ortsvorsteher Markus Gleiß (Hellstein), Bernd Henkel (Neuenschmidten) und Torsten Gast (Streitberg) hatten die Zeichen der Zeit erkannt und daher im April 2018 den Antrag gestellt, dass der Gemeindevorstand sich um die Aufnahme in ein Dorfentwicklungsprogramm bewerben möge. Ebenso wurde ein Leerstands-, Baulücken- und Altersstrukturkataster beantragt. Beide Anträge wurden von der Gemeindevertretung einstimmig angenommen.
Bevorzugte Wohngegenden?
Unabhängig von der persönlichen, finanziellen Situation gaben kürzlich 55% der 30 bis 44 jährigen Menschen an, am liebsten in einer Landgemeinde wohnen zu wollen, wenn sie es sich aussuchen könnten. Dafür wird Brachttal neue Angebote schaffen müssen!
Eine vitale Gemeinde hat eine lebendige Ortsmitte, in der Menschen wohnen und Gewerbe zu Hause ist. Vitalisierung der Ortskerne kann sogar positive Auswirkungen auf die Entwicklung von Wirtschaft und Tourismus in einer Gemeinde haben.
Die Ortskerne stärken und vitalisieren.
Die Zukunft unserer sechs Dörfer hängt also auch von der weiteren Konzentration und Verdichtung ab, die auch die Voraussetzung für ein finanziell machbares Infrastrukturangebot und den Anknüpfungspunkt eines örtlichen Gemeinschaftslebens schafft. Ein einziges verlassenes, leer stehendes Gebäude oder landwirtschaftliches Anwesen in der Ortsmitte kann Trost- und Perspektivlosigkeit suggerieren. Dies zu vermeiden, sind die Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Hier kann und darf die Gemeinde künftig nicht tatenlos bleiben. Auch nicht, wenn es enorme Kraftanstrengungen und hohen finanziellen Aufwand bedeutet.
Dörfer brauchen Mischung!
Die Nutzung ist der Schlüssel zur Vermeidung von Leerstand, Verfall und Ödnis. Daher sollte es in Brachttal künftig vor allem in den Ortskernen darum gehen, innovative, multifunktionale und bedarfsgerechte Konzepte zu entwickeln und zu betreiben. Die aktive Beteiligung von Privateigentümern, Initiativen, Gewerbetreibenden und Investoren ist selbstverständlich.
Infrastruktur und Landschaft gestalten und ortsgerecht planen!
Die Folgen des Klimawandels und der Energiewende sowie der Ausbau der Infrastruktur müssen als aktive Gestaltungsaufgabe behandelt werden. Eine dörfliche „Pilot- und Mustersiedlung“ könnte Signalwirkung für eine ganze Region haben.
Die Klima-Kommune mehr als ein Baustein
Für die am hessischen Landesprogramm teilnehmenden Kommunen gibt es eine Fachstelle, die Beratung bei der Erstellung der CO2-Bilanzen, bei der Ausarbeitung der Aktionspläne und bei der Suche nach Fördermitteln bietet.
Die Fachstelle organisiert darüber hinaus für die Charta-Kommunen regionale Klimaschutz- und Energieforen, die für den interkommunalen Informationsaustausch und die regelmäßige Zusammenarbeit zwischen Nachbarkommunen und Landkreisen eine Plattform bilden.
Zusätzlich werden Informationsveranstaltungen zu Förderinstrumenten des Landes und des Bundes durchgeführt. Die Charta-Kommunen können außerdem Projekte durchführen, die durch das Klimaschutzministerium konzipiert oder finanziert werden.
Um weitere Projekte zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung vor Ort umzusetzen, wurde für hessische Kommunen ein Förderprogramm aufgelegt. Von diesem profitieren die Klima-Kommunen besonders durch erhöhte Fördersätze von bis zu 80%. Neben investiven Maßnahmen können hierüber auch Kampagnen und Modellprojekte gefördert werden.
Arbeitsgruppe oder Kommission zur Gestaltung
Die Gemeinde sollte also einen Arbeitskreis aus Gemeindevorstand, Bauverwaltung, Mandatsträgern und Bürger/innen zusammenstellen, die sich der Entwicklung annimmt. Es müssen Ideen entwickelt, Menschen angesprochen und Bauträger gefunden werden.
„Brachttal kann die Zukunft positiv gestalten“, sind sich die Fraktionsmitglieder der FWB einig.
Leitbild für die Gesamtgemeinde!
FWB sind der Überzeugung, dass Brachttal ein Leitbild benötigt. Die Gemeinde und ihre Dörfer müssen als vitaler, naturnaher, sparsamer und energiebewusster Wohnstandort weiter aufgebaut, dargestellt und vermarktet werden.