von Katrin Klas-Frenzel
„Bildungs- und Zukunftsgemeinde Brachttal“
Eine Vision, die ich für Brachttal habe und die eine wichtige und richtige Entwicklung wäre, ist die Gründung eines Familienzentrums. Viele werden sich fragen, was das soll – schon wieder soll Geld, und zwar viel Geld, in Familien und Kinder investiert werden. Dabei gibt es doch bereits eine gut aufgestellte Kinderbetreuung! Wozu also jetzt ein ganzes Zentrum?
„Als Familienzentrum gelten alle Zentren und Häuser, die in einem sozialen Umfeld unterstützende und bildungsförderliche Angebote für Kinder, Familien, junge und alte Menschen in einem Sozialraum bereithalten, vermitteln und bündeln. Ihr besonderer Auftrag ist die Stärkung der Selbstwirksamkeit von Kindern und Familien, die Verbesserung der Lebensqualität und die Förderung der Bildungschancen für Jung und Alt.“ (Quelle: https://www.bundesverband- familienzentren.de/)
Familienzentren bieten mehr als Kinderbetreuung. Sie sind ein Netzwerk für Eltern in allen Lebensfragen von „A“ wie „Anträge ausfüllen“ über „T“ wie „Trotzphase – was tun?“ bis „Z“ wie „zertifizierte Tagespflegepersonen finden“. Familienzentren unterstützen in Alltags-, Erziehungs- und Bildungsfragen und sind die Anlaufstelle für frühe Beratung, Betreuung und Lebenshilfe, für Gesundheitsförderung, Haushaltskompetenz und Spracherwerb.
Darüber hinaus sind Familienzentren auch Orte der Begegnung und Kommunikation. Familienzentren sind offen für Menschen aller Generationen und aller Kulturen; damit erleichtern sie auch die Integration von Migranten und anderen „Ingeplackten“. Hier treffen sich die Menschen, um Zeit miteinander zu verbringen, voneinander zu lernen, sich zu unterstützen.
In unserer Gemeinde leben bereits heute viele Zugezogene, die ihre Familien, wenn überhaupt, nur ein paarmal im Jahr besuchen können und andererseits auch viele Senioren, die ihre Enkel oft schmerzlich vermissen, weil deren Eltern der Arbeit in die Städte nachfolgten. Der Zuzug soll, um die Auswirkungen des demographischen Wandels minimieren zu können, noch weiter gefördert werden. Die Zugezogenen und die Senioren profitieren ebenso wie die Menschen und Familien mit Flucht- und Migrationserfahrung in ganz besonderem Maße von einem Familienzentrum.
Das Land Hessen hat 2011 ein Programm zur „Etablierung von Familienzentren in Hessen“ aufgelegt, was derzeit bereits 181 Familienzentren mit bis zu 13.000 Euro pro Einrichtung und Jahr unterstützt. Gefördert werden die strukturelle, quantitative und nachhaltige Sicherung der familienbezogenen Angebote und Maßnahmen in Familienzentren als wohnortnahe Kontakt- und Anlaufstellen. Die Fördergelder für Personal- und Sachausgaben wie Leitung, Koordinierung, Vernetzung, Management, Fortbildungen etc., werden als Festbetragsfinanzierung gewährt. Die Auszahlung erfolgt in zwei Raten zu jeweils 50 %. (Quelle: Hessisches Ministerium für Soziales und Integration)
Mit der Nutzung dieses Programmes wäre es der Gemeinde Brachttal möglich, die bereits vorhandenen räumlichen und personellen Strukturen auszubauen und zu erweitern.
Die Entwicklung eines Familienzentrums Brachttal in enger Kooperation mit unseren Kindertagesstätten Regenbogen und Schatzkiste sichert den Kindern eine erstklassige Betreuung und Bildung, Eltern bekommen Beratung und Unterstützung, Menschen finden Anschluss und Lebenssinn.
Zu unserem Familienzentrum könnten Angebote gehören, wie ein Begegnungscafé „Dorflinde“ mit Kursen und Angeboten, eine Familienhebamme, Traumafachberatung, Erziehungs- Paar- und Lebensberatung, ADHS-Coaching, LRS-Beratung, Sprach- und Integrationskurse, Vermittlung von Tagespflegepersonen und Haushaltshilfen, Sprachscreening und –förderung und Schuleintrittsberatung mit Schulreifescreening.
Was mich bei der Idee besonders optimitisch stimmt, ist die Tatsache, dass die meisten dieser Angebote theoretisch schon lange vorhanden sind: mit der Etablierung des Familienzentrums werden sie zusammengefasst und wie ein verborgener Schatz gehoben und können so ans Tageslicht kommen.
Die Pädagoginnen der Kindertagesstätten z.B. bilden sich beständig aus, fort und weiter. Mit einem Familienzentrum kommen diese Erfahrungen und dieses Wissen so richtig zum Tragen, sie werden erst durch einen solchen Schritt auch durch die Öffentlichkeit wahrgenommen und die gebührende Wertschätzung erfahren.
Nach Etablierung eines Familienzentrums hat sich in anderen Regionen bereits gezeigt, dass die vorhandenen Fachleute auch überregional gefragt sind: bei Führungscoaching, Fachberatung, Seminaren und Workshops. Mit der geballten Expertise der Fachkräfte sorgt man dabei nicht nur für eine Refinanzierung, sondern auch dafür, dass Brachttal künftig als Bildungs- und Zukunftsgemeinde gesehen wird.
Meine Vision von einem Familienzentrum mündet in eine Zeit, in der die „Brachttaler Verhältnisse“ ein Synonym sein werden für „zweitklassige Büttenreden“, an die sich nur noch die Alten dunkel erinnern werden.